Poetische Abstraktion

Laudatio – Neues Rathaus Dresden (Ausschnitt)
Katharina Arlt | 2023

In ihren Papierschnittarbeiten, erzeugt die in Dresden und Berlin Weißensee ausgebildete Bühnenbildnerin Susanne Hampe mit minimalen Mitteln einen szenografisch anmutenden Bildraum. 2019 beginnt die Dresdnerin mit ihren häufig auf Kreisformen zurückgehenden Papercuts. Ein Cuttermessers mit flexibler Klinge, die sich in einem weiten Radius bewegen lässt, ermöglicht ihr einen freien, nahezu zeichnerisch-grafischen Schnittvorgang. Aus zarten roséfarbenen oder blassen beige- und graugetönten Papieren schneidet Susanne Hampe, anfangs nach Vorzeichnungen auf der Rückseite des festen Velins, später ausschließlich freihändig, ihre organisch anmutenden, filigranen Kreisformationen. Was unseren Bildeindruck prägt, sind die inversiven Leerstellen der Figuren. Auf abweichend farbigem Hintergrundpapier aufgelegt, erhalten sie erneut eine optische Füllung. Einzig die markanten Konturen, fragilen Stege, die die Künstlerin in überwiegend unregelmäßigen Formationen beim Schnittvorgang als Positiv stehen lässt, ballen sich in dichten Netzstrukturen zu einer Art bildgebendem Raster - im Fall der Serie Desiderium kommt es zu blasengleichen Häufungen. Die mehrlagige Inszenierung der Papercuts ähneln einem Proszenium. Wobei die Papierschnittebene, gleich einem semitransparenten Vorhang, dem farbigen Papierfond in minimalem Abstand vorgelagert ist. Der Zwischenraum zwischen Papierschnitt und geschlossenem farbigen Untergrundpapier ist sorgsam kalkuliert. In diesem Bereich entstehen interessante Licht- und Schattenwirkungen. Mitunter finden wir bis zu vier oder mehr Lagen der Papierschnitte hintereinander gestaffelt. Stets arbeitet Susanne Hampe mit minimaler chromatischer Abweichung der Papiere und leicht variierenden Schnittkompositionen, so dass Interferenzen und für unser Auge optische Unschärfen entstehen. Bisweilen setzt die Künstlerin bewusst geschlossene Partien und stark bearbeitete Bildflächen gegeneinander. Asymmetrien, unebene stereometrische Formen, finden sich auch in ihren Zeichnungen. Mit rotem Farbstift auf Karton, ausgehend von einem dezentralen Mittelpunkt, wachsen kurze horizontale Linienzüge in unregelmäßigem Radius zu einer unrunden, insularen Kreisfläche heran. Susanne Hampe arbeitet bewusst mit der eigenen Körperlichkeit und Motorik, die gewissermaßen ablesbar, den grafisch lockeren Texturen und Verdichtungen der Kreisflächen eingeschrieben sind.